Der Steißbeinschmerz gilt als Exot unter den Wirbelsäulenerkrankungen. Kein Wunder, dass die Ursache oft fehlgedeutet wird. Schätzungen zufolge sind Frauen fünfmal so oft davon betroffen wie Männer.
Wo ist das Steißbein?
Unsere Wirbelsäule besteht aus 33 Wirbeln, die in fünf Abschnitte eingeteilt werden:
- Halswirbelsäule mit 7 Wirbeln,
- Brustwirbelsäule mit 12 Wirbeln,
- Lendenwirbelsäule mit 5 Wirbeln,
- Kreuzbein mit 5 zusammengewachsenen Wirbeln,
- Steißbein mit 4 Wirbeln, die oft zu einem einzigen Knochen verschmolzen sind.
Das Steißbein (Os coccygis) stellt den untersten Teil der Wirbelsäule dar und ist von einer dünnen Knochenhaut umgeben.
Welche Funktion hat das Steißbein?
Aus Sicht der Evolution handelt es sich bei unserem Steißbein um die Überreste eines Schwanzes. Im Verlauf der Entwicklung zum Menschen (Homo sapiens) hat sich der Schwanz als überflüssig erwiesen und verkümmerte mit der Zeit. Heutzutage nimmt das Steißbein unterschiedliche Aufgaben wahr.
- Es dient der Befestigung von Bändern, Sehnen und Muskeln der Hüftgelenke und des Beckenbodens,
- trägt das Körpergewicht beim Sitzen,
- federt Stürze auf das Gesäß ab.
Schmerzen Steißbein
Mit dem Begriff Steißbeinschmerzen (Kokzygodynie) bezeichnen Ärzte stechende, ziehende und teilweise lang anhaltende Schmerzen, die entweder am Steißbein selbst oder in unmittelbarer Nähe davon auftreten. Sie verstärken sich dann, wenn ein Druck oder Zug ausgeübt wird. Vor allem machen sich Steißbein Schmerzen beim Sitzen, Aufstehen, Hinsetzen, Treppensteigen, Niesen oder während des Stuhlgangs bemerkbar.
Ursachen für Schmerzen am Steißbein
In allen Abschnitten der Wirbelsäule können Schmerzen auftreten. Sie hängen oft mit einer falschen Körperhaltung oder einseitigen Belastungen zusammen. Wenn das Steißbein schmerzt, gibt es dafür verschiedene Gründe. Meistens liegt es an einem Sturz, der schon längere Zeit zurückliegt. Bei Menschen mit Osteoporose kann ein Sturz dazu führen, dass das Steißbein gebrochen ist.
Zu den sonstigen Gründen gehören:
- längeres Sitzen auf weichen Unterlagen (Sofa, Bett)
- Verspannungen im Beckenboden
- Reizungen von Nerven am Steißbein
- Winzige Gewebeverletzungen (Mikrotraumen) durch mechanische Belastungen (Fahrradfahren, Rudern)
- Entzündungen im Bereich von Anus und Mastdarm
- Endometriose und andere gynäkologische Ursachen
Steißbein Schmerzen und schwangerschaft hängen ebenfalls zusammen. Wenn es durch die hormonellen Veränderungen zu einer Lockerung des Beckenrings kommt, klagen viele Frauen über Schmerzen im Bereich des Steißbeins.
Steißbein Entzündung
Schmerzen im Steißbein können auch durch Entzündungen hervorgerufen werden. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe:
- Entzündungen des Gewebes aufgrund einer Steißbein Fistel oder
- eine Knochenhautentzündung des Steißbeins
Wie entstehen Fisteln am Steißbein? Die häufigste Ursache ist das Einwachsen von Haaren in die Haut. Als Folge kommt es zu einer Entzündung im Unterhautfettgewebe. Manche Fisteln verlaufen chronisch und können einen eitrigen abszess am Steißbein bilden.
Steißbein Schmerzen was tun?
Die Therapie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Bei Verletzungen nach einem Sturz aufs Steißbein gestaltet sich die Behandlung langwierig. Denn eine sitzende Tätigkeit im Berufsalltag belastet die Steißbeinregion und verzögert die Heilung. Wichtig ist es, frühzeitig Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente einzusetzen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich ein Schmerzgedächtnis entwickelt und die Steißbein Schmerzen chronisch werden.
Zu den weiteren Behandlungsmöglichkeiten zählen:
- körperliche Schonung
- Fangopackungen
- Physiotherapie
- Sitzring oder ein ergonomisches Sitzkissen
- Injektionen mit einem örtlichen Betäubungsmittel an das Steißbein (Neuraltherapie)
- Akupunktur
Darüber hinaus kann ein Chiropraktiker oder Osteopath ein blockiertes Steißbein einrenken. Bei einem überbeweglichen Steißbein kommt eine operative Entfernung (Kokzygektomie) infrage.
Steißbein Schmerzen – Übungen
Zur Stärkung des Beckenbodens und der Rumpfmuskulatur bieten sich gymnastische Übungen an. Sie entlasten das Steißbein und helfen dabei, Fehlbelastungen der Muskulatur zu vermeiden. Hilfreiche und einfach durchzuführende Dehnübungen finden Sie hier.
Hausmittel
Mein Steißbein tut weh, was kann ich selbst dagegen machen? Diese Frage stellen sich viele Betroffene. Treten die Schmerzen akut auf, sollte man innerhalb der ersten 48 Stunden das Steißbein kühlen. Am besten wickelt man so oft wie möglich einen Eisbeutel in ein Handtuch und legt das Ganze für 15 bis 20 Minuten auf die schmerzende Stelle.
Bei länger andauernden Steißbeinschmerzen haben sich Wärmeanwendungen bewährt. Sie entspannen den unteren Rücken und lindern die Schmerzen. Man kann dazu eine Wärmflasche verwenden, die viermal täglich für jeweils 20 Minuten auf das Steißbein gelegt wird.
Schmerzen Steißbein – Sitzbäder mit Kamille
Ein temperaturansteigendes sitzbad ist hilfreich bei Muskelverspannungen und Schmerzen im Bereich des Steißbeins. Die Bäder können entweder mit klarem Wasser oder unter Zusatz von Kamillenblüten durchgeführt werden. Man fügt immer wieder warmes Wasser hinzu, sodass die Temperatur der Sitzbadewanne innerhalb von 15 Minuten von 36 auf 40 Grad ansteigt. Anschließend kühlt man sich mit kaltem Wasser ab.